Wie findet und entwickelt man Top-Talente? Der Nutzen des «kleinen schwarzen Büchlein»

Veröffentlicht von Frank Arnold am

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An der Besetzung von Schlüsselpositionen entscheidet sich auch die eigene Karriere

Wir alle benötigen gute Leute in unseren Teams. Und regelmässig wissen wir, dass wir bald eine Schlüsselposition neu besetzen müssen. Die Gründe sind vielfältig: Marktchancen, Umstrukturierungen, Fluktuation oder Nachfolgelösungen. Das Problem ist aber, dass wir uns bei Top-Positionen im Unternehmen keine Fehler erlauben können. Je höher diese Schlüsselposition im Unternehmen ist, desto sichtbarer ist die Entscheidung nach innen und nach aussen.

Personalentscheidungen treffen wollen? Jede Führungskraft und jeder Unternehmer braucht diese guten Leute für sein Team, aber auch der eigene Erfolg und die Kompetenz einer Führungskraft wird massgeblich an den getroffenen Personalentscheidungen beurteilt werden.

Das „kleine schwarze Büchlein“

Ein hochwirksames, leider viel zu wenig verwendetes Vorgehen im Zusammenhang mit guten Personalentscheidungen besteht darin, systematisch auf kritische Vorfälle, auf „Critical Incidents“, zu achten, diese zu notieren und vor allem dann diese Erkenntnisse im Rahmen von Personalentscheidungen zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen darf mit einigem Recht als eines der wirklich noch bestehenden Geheimnisse wirksamer Führungskräfte bezeichnet werden, denn es wird höchst selten verwendet.

Folgenschwere Ereignisse haben Vorboten

Dem Vorgehen der „Critical Incidents-Methode“ liegt die Beobachtung zugrunde, dass verhängnisvolle und folgenschwere Ereignisse, die durch menschliches Versagen verursacht werden, Vorboten haben. Kleine Beinahe-Unfälle, Beinahe-Kollisionen und Beinahe-Vorfälle, die üblicherweise nicht ernst genommen, vielleicht noch nicht einmal registriert werden, weil alles noch mal gut gegangen ist. Diese Beinahe-Ereignisse sind aber wichtige Informationsquellen, das Verhalten in kritischen Situationen frühzeitig und vorausschauend zu erkennen.

Wirksame Führungskräfte nutzen deshalb ein kleines schwarzes Büchlein, um diese kritischen Vorfälle systematisch zu notieren. Isoliert betrachtet sind sie kaum von Belang, über die Jahre ergibt sich allerdings ein recht zuverlässiges Bild über die Persönlichkeit und den Charakter eines Menschen.

Welche Ergebnisse wurden erlangt und wie wurden sie erlangt?

In das Büchlein notieren die erfolgreichen Entscheider in Personalfragen aber noch zwei weitere wesentliche Dinge: Sie achten auf die Ergebnisse, die diese Menschen im Laufe des Lebens erlangt haben, und sie berücksichtigen die Art, wie diese Menschen mit ihren Fehlern umgegangen sind. Zu gegebener Zeit haben diese wirksamen Führungskräfte dann eine solide Grundlage, auf der sie ihre Personalentscheidung treffen können. Damit man allerdings zuverlässige Schlüsse über die Personen ziehen kann, muss man ihnen schwierige Aufgaben stellen. Man muss ihnen grosse Jobs, das heisst Stellen mit anspruchsvollen Assignments, übergeben, an denen sie ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und ihre Stärken unter Beweis stellen können. Wichtig ist, dass es sich um echte Aufgaben handelt, die zunehmend grösser und anspruchsvoller werden, Aufgaben aus der Realität und nicht Aufgaben aus Assessment-Centern.

„Look more in their eyes than in their files!” – Assessment-Center sind überbewertet

Lesen wir doch mal, welche Bedeutung Helmut Maucher, fast 20 Jahre an der Spitze des Nestlé-Konzerns, echten Jobs beimisst, und vor allem auch, wie er den Aspekt des Vertrauens betont: „Was die Ergebnisse [von professionellen Assessment-Centern] betrifft, so bin ich etwas skeptisch. Sie sind meistens nicht gut, da die Assessment-Center zu theoretisch vorgehen. Viel sinnvoller sind Beurteilungen auf der Grundlage von Gesprächen mit Vorgesetzten und einigen anderen erfahrenen Mitarbeitern, mit denen die entsprechenden Mitarbeiter zu tun hatten (um so ein falsches Urteil, welches durch einen zu stark subjektiven Eindruck des Vorgesetzten entstehen kann, zu vermeiden). Checklisten und Beurteilungskriterien müssen dabei natürlich sein, aber grundsätzlich sollte bezüglich der Auswahl und Bewertung von Mitarbeitern gelten: ›Look more in their eyes than in their files!‹“ (Maucher, Helmut: Management Brevier – Ein Leitfaden für unternehmerischen Erfolg: Campus Verlag 2007, S. 77.)

Wenn du dich des „kleinen schwarzen Büchleins“ zum Notieren deiner Beobachtungen bedienst, erschliesst du für dich eines der wertvollsten Werkzeuge für gute Personalentscheidungen, egal ob auf Papier oder elektronisch. Welches System du im Einzelfall auch nutzt, sicher ist, dass du ein systematisches Vorgehen haben muss. Der Aufstieg eines Unternehmens ist ohne viele gute Personalentscheidungen nicht möglich.

Denkanstoss für heute

  • Nutze ein „kleines schwarzes Büchlein“ auf Papier oder digital

Stelle dir bei Personalentscheidungen folgende Fragen:

  • Kannst du dieser Person vertrauen?
  • Würdest du deinen Sohn oder deine Tochter für diese Person arbeiten lassen?

Bis zur nächsten Folge, alles Gute!

Dr. Frank Arnold 

Bestsellerautor, Redner und Berater für Strategie und Veränderungsprozesse. 

Mit „Leadership Journey – Impulse für unternehmerischen Erfolg“ unterstützt er Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte sich selbst und ihre Unternehmen erfolgreich zu entwickeln.