Zufall, Glück und Coco Chanel

Veröffentlicht von Frank Arnold am

In den 1920er Jahren waren die Entwürfe von Coco Chanel die treibende Kraft der französischen Mode. Die einfache, schlichte Eleganz gepaart mit Bequemlichkeit beim Tragen stand für einen Bruch mit Althergebrachten. Ihre klaren Linien waren zur damaligen Zeit nicht nur innovativ, sie waren geradezu revolutionär und passten perfekt zum Zeitgeist. Die Rolle der Frau war zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Umbruch begriffen, und Coco Chanel erkannte ihre Chance, diesen Wandel zu gestalten.


Quelle: Frank Arnold: Management – Die Top-Tools der Besten, Redline; Illustratorin: Silke Bachmann

Zu Beginn unserer Laufbahn haben viele von uns eine klare Vorstellung, welches Ziel wir erreichen wollen. Die Bandbreite ist so gross, wie die Menschen verschieden sind: Chef eines Unternehmens, CEO oder Gründer eines Start-ups, erfolgreicher Künstler oder gefragter Freelancer. Trotz bester Vorbereitung und klarer Strategie kommen wir an diesem Idealbild selten an. Warum eigentlich?

Rückblickend wirken grosse Erfolgsgeschichten oft selbstverständlich, natürlich und leicht. Apple, Levis Strauss, Tesla oder Chanel sind heute grosse Marken, deren Gründer vor Abgründen standen, denen sie sicher mit Können begegnet sind, bei denen aber der Zufall oft den entscheidenden Ausschlag gab.

Coco Chanel schrieb einen Grossteil ihres Erfolgs dem Zufall zu: „Was wusste ich schon von meinem Beruf? Nichts. War ich mir der Revolution, die ich anzetteln würde, bewusst? Auf keinen Fall. Eine Welt ging unter, eine andere sollte geboren werden. Ich war einfach da, bekam eine Chance und nahm sie wahr. Ich war so alt wie das Jahrhundert. Es wandte sich irgendwie an mich, was das Entwickeln eines Kleidungsstils betraf. Gefragt waren Einfachheit, Bequemlichkeit und Klarheit. Ich habe all das schon immer bevorzugt – ohne Absicht. Die wahren Erfolge sind immer Zufälle“.

Durch Zufälle zum Glück

Vielleicht war Coco Chanel etwas zu bescheiden, aber wer von uns könnte nicht sagen, dass bei dem eigenen Weg nicht auch der Zufall eine grosse Rolle gespielt hat. Wenn wir nach Glück streben, müssen wir dem Zufall Chancen anbieten. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die es möglich machen, dass uns der Zufall „helfen“ kann.

Mit folgenden vier Massnahmen kannst du dem Zufall ermöglichen, dir den Weg zu Glück zu ebenen:

1. Vertrauen in den Zufall

Glück und Zufall sind nicht das gleiche. Zufall wird vom Duden definiert als „etwas, was man nicht vorhergesehen hat, was nicht beabsichtigt war, was unerwartet geschah“. Glück ist „der Zustand der inneren Befriedigung und Hochstimmung“. Das ist ein erheblicher Unterschied zwischen beiden Worten und auch für unser Handeln. Wenn wir Vertrauen aufbringen, dass etwas nicht Vorhergesehenes uns nützlich sein kann, sind wir auf dem richtigen Weg, den Zufall konstruktiv und systematisch zu nutzen. Dieses Vertrauen allerdings ist die Vorleistung, die von uns verlangt wird: Kein Vertrauen, dass der Zufall etwas nutzt, führt dazu, dass wir für den Zufall weniger empfänglich sind. Unsere Filter blenden den Zufall aus, unsere Handlungen bewegen uns in eine Richtung, die dem Zufall keine Chance bieten. Wer den ganzen Tag im Büro sitzt und wartet, dass das Telefon klingelt, macht es dem Zufall sehr schwer, günstige Umstände entstehen zu lassen. Wer als Künstler seine Bilder im Atelier stapelt, statt auf einer Vernissage neue Kontakte zu knüpfen, verschliesst dem Zufall die Tür.

2. Aufgeschlossenheit

Vertrauen in den Zufall nutzt aber nur dem, der sich auch in Situationen begibt, die den Zufall als Wegbereiter zum Glück wahrscheinlich machen. Legendär ist Woody Allens Auspruch geworden „80 Percent of success is showing up”. Seine Karriere umspannt sechs Dekanden und ist nach eigenen Aussagen gespickt von Zufällen, die ihn zum Filmemacher, Schauspieler, Komödianten und vielfältigen Multitalent werden liessen. Die Aufgeschlossenheit, diesen Zufall finden zu wollen, müssen wir mitbringen. Sie können wir gestalten und aktiv begünstigen. Bei einer Weinprobe unter Branchenkollegen kann uns der Zufall eher unter die Arme greifen als bei einer einsamen Bergwanderung.

Wir leben in der Connection-Economy. Es sind nicht die Facebook-Links, die uns helfen können, sondern die virtuellen und persönlichen Zusammenkünfte mit Menschen. Menschen, die unseren Kosmos erweitern, innerhalb unseres Arbeitsgebiets oder gerade auch darüber hinaus. Die Aufgeschlossenheit, diese Rahmenbedingungen zu schaffen, müssen wir mitbringen. Sie ist nicht gegeben und sie ergibt sich nicht von selbst.

3. Wandel als Chance

Jeder einzelne hatte noch nie so viel Zugang zu Information und Wissen wie heute. Durch den Zugang zu Wissen über Wandel, können wir uns ein tieferes Verständnis erschliessen, wohin sich unsere Gesellschaft und Wirtschaft entwickelt. Das Internet schafft die Möglichkeit, ein immer vielfältigeres Angebot sichtbar zu machen und Differenzierung zuzulassen.

Drei zentrale Faktoren treiben diesen Trend:

I. Demokratisierung der Produktionsmittel:

Die monetären Eintrittsbarrieren sind durch günstige Technik drastisch gesunken. Potenzielle Anbieter können leichter auf dem Markt treten. Das gilt für Unternehmen gleichermassen wie für Freelancer, Künstler oder Angestellte.

II. Demokratisierung des Vertriebs:

Amazon, iTunes, Etsy und viele Logistikspezialisten in kleinen Branchen bieten Vertriebsplattformen, die zu geringen Kosten und marginalen Kapitalbindungskosten immer mehr zielgruppenspezifische Angebote ermöglichen.

Die Unesco erwartet, dass jährlich weltweit 1,793 Millionen neue Bücher veröffentlich werden. Das sind 4.900 Bücher am Tag. Diese Menge hätte ohne die Demokratisierung des Vertriebs nicht ansatzweise entstehen können, mangels eines funktionierenden Absatzkanals.

III. Verbindung von Angebot und Nachfrage:

Durch das Internet werden Angebot und Nachfrage global zu minimalen Kosten verbunden. Die potenziell erreichbare Kundengruppe wird maximiert. Die Suchkosten der Kunden sind durch einfachen und schnellen Zugriff auf Kataloge und Datenbanken drastisch gesunken. Jeder Kunde kann davon ausgehen, jedes noch so spezifische Bedürfnis mit wenigen Klick befriedigen zu können. Hat irgend jemand heute Abend Interesse an einem veganen Restaurant im Umkreis von 10 Kilometern? Ein paar elegante und gleichzeitig bequeme Designer-Boots von INUIKII irgend jemand? 3-Klicks und sie sind morgen da.

Dieser Wandel betrifft uns alle. Wir müssen uns aber als Teil des Wandels verstehen. Nicht als Zuschauer, sondern als Gestalter. Wer den Zufall zur Gestaltung seines Glücks nutzen will, muss im Strom dieses Wandels diesen Wandel als Chance sehen. Angst verschliesst unsere Augen vor den Zufällen, die das Glück bringen können.

4. Vertrauen in andere

Alle erfolgreichen Menschen haben in andere vertraut. Es geht nicht anders. In Kundenbeziehungen und beim Aufbau von Unternehmen ist es klar, dass wir uns vertrauen müssen, damit diese Beziehungen funktionieren. Bezogen auf den Zufall geht es mir um eine spezielle Art des Vertrauens: Das Vertrauen in andere, dass sie (!) wissen, was gut für uns ist.

Wir müssen darauf vertrauen, dass andere erkennen, welches Wissen, welche Kontakte, welche Plattformen, welche Apps, welche Partner, etc. für uns jetzt in diesem Moment unserer Karriere nützlich sind.

Das hat einerseits mit der Demut zu tun, nicht zu glauben, dass wir die Antwort wissen und erkennen, und zweitens mit dem Vertrauen auf die Resonanz zu anderen. Ein anderer versteht mich und meine Situation jetzt in diesem Augenblick so gut, dass er oder sie jetzt besser in der Lage ist zu erkennen, was mir für die nächsten Schritte zum Erfolg nützlich ist.

Ein Arbeitgeber erkennt Fähigkeiten, denen ich nicht diese Bedeutung zuspreche. Ein Kunde erkennt eine Angebotslücke, die er uns besser zur Lösung zutraut als jemand anderem. Ein Lieferant sieht einen Vertriebsweg, den wir bis jetzt nicht gut nutzen.

Das Vertrauen in andere öffnet dem Zufall weit die Tür. Wir müssen uns aber in Bescheidenheit üben und anerkennen, dass wir trotz des Zugangs zu allen Informationen in nur drei Klicks nicht immer das Bild erkennen, in das unsere Puzzelteile passen.

So viel für heute, viel Spass bei der Anprobe des nächsten Dresses von Chanel.

Insights

  • Gestalte dein Glück durch Zufall
  • An diesen 4 Punkten kannst du ansetzen:
  1. Vertrauen in den Zufall
  2. Aufgeschlossenheit
  3. Wandel als Chance
  4. Vertrauen in andere
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Dr. Frank Arnold 

Bestsellerautor, Redner und Berater für Strategie und Veränderungsprozesse. 

Mit „Leadership Journey – Impulse für unternehmerischen Erfolg“ unterstützt er Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte sich selbst und ihre Unternehmen erfolgreich zu entwickeln.