Die neue Umwelt besser verstehen

Veröffentlicht von Frank Arnold am

The Economist wurde erstmals im September 1843 herausgegeben, um teilzunehmen an »einem harten Wettkampf zwischen einer Intelligenz, die weitermacht, und einer unwürdigen, ängstlichen Unwissenheit, die unseren Fortschritt aufhält«. Gegründet wurde die Zeitschrift von James Wilson (1805–1860), einem Hutmacher aus der schottischen Stadt Hawick, der unbeirrbar war in seinem Glauben an den freien, weltweiten Handel bei gleichzeitig geringstmöglicher Intervention vonseiten der Regierung. Die protektionistischen Getreidegesetze, die besondere Steuern und Beschränkungen für Importe vorsahen, waren der ausschlaggebende Punkt für die Gründung von The Economist gewesen, da dadurch die Preise für Brot in die Höhe schnellten und die Bevölkerung Englands großen Hunger litt. Nach Wilsons Ansicht war freier Handel für alle gut. Die Getreidegesetze wurden zwar im Jahr 1846 wieder aufgehoben, aber The Economist bestand fort, mit der Selbstverpflichtung, die liberalen Ideale ihres Gründers weiter zu pflegen. Man kann heute ohne Übertreibung sagen, dass The Economist in den Führungsspitzen der Welt von vielen als Pflichtlektüre angesehen wird. Für viele Spitzenkräfte ist es eine jener Informationsquellen, die ihnen hilft, ihre Umwelt besser zu verstehen.

Der Anspruch von The Economist war von Anfang an und ist bis heute nicht eben bescheiden. So beschrieb Rupert Pennant-Rea, Chefredakteur von 1986 bis 1993, The Economist einmal als Zeitschrift, »in der die Leser, die über ein überdurchschnittliches Einkommen und einen überdurchschnittlichen Verstand verfügen, aber dafür unterdurchschnittlich viel Zeit haben, ihre Meinung mit der unsrigen vergleichen können. Wir versuchen, der Welt über die Welt zu erzählen, den Experten zu überzeugen und den Amateur zu erreichen, durch Hinzugabe einer Meinung und von Argumenten«.

Anstatt zu sagen, er lese The Economist, soll Peter F. Drucker, der für seine treffsicheren Einschätzungen zukünftiger Entwicklungen bekannt war, gesagt haben: »I have learned to study The Economist.« Was für ein Unterschied!

Informationen für Unternehmer und Entscheider

Ein Großteil der Informationen, die Führungskräfte benötigen, ist nur ausserhalb der Organisation zu finden. Jede Organisation muss deshalb einen systematischen Prozess definieren, wie sie Informationen aus der Umwelt zusammenträgt, organisiert, verfügbar macht und dann in Entscheidungen integriert. Da die weitaus meisten Trends und Technologien, welche die eigene Branche verändern, aus anderen Branchen und Sektoren stammen, muss die Beobachtung der Umwelt breit angelegt sein. In jeder Organisation bestehen Annahmen, auf denen der Unternehmenszweck, die Strategie und die Entscheidung, wie beides realisiert werden soll, beruhen. Die Informationen aus der Umwelt müssen so organisiert werden, dass sie helfen, diese Annahmen zu hinterfragen und immer wieder zu testen. Die Informationen müssen auch dazu beitragen, Chancen und potenzielle Gefahren rechtzeitig zu erkennen.

Eine breit angelegte Informationssuche wird natürlich auf den eigenen Markt, die aktuellen Wettbewerber und die derzeitige Technologie ausgerichtet sein. Das ist aber nicht das Problem. Schwieriger ist es, an Informationen über Nicht-Kunden zu kommen, Personen also, die Kunden sein könnten, aber bei der Konkurrenz kaufen, oder Informationen zu grundlegenden Veränderungen, die sich abzeichnen. Woher bekommen wir denn Informationen zu potenziellen neuen Kunden und Märkten, zu möglichen Wettbewerbern sowie zu Technologien, die nützlich oder gefährlich werden könnten? Wie müssen wir Informationen zu aktuellen und grundlegenden gesellschaftlichen Themen interpretieren und organisieren, um sie richtig zu nutzen?

Dies sind nur wenige allgemeine Beispielfragen, die natürlich in jedem Unternehmen konkretisiert werden müssen. Nicht alle Informationen über die Umwelt sind ohne Weiteres verfügbar, aber wenn Unternehmen systematisch nach ihnen suchen, erfahren sie meist viel mehr, als sie bislang für möglich gehalten haben. Über die Zeit wird sich das entwickelte Informationssystem immer weiter verbessern. Dass es wirksam ist, erkennt man dann daran, dass es immer weniger Überraschungen gibt. Die Führungskräfte haben nämlich durch das System, wie mit Information umgegangen wird, die wesentlichen Erkenntnisse bereits erlangt und sie haben die entsprechenden Entscheidungen längst in die Wege geleitet. Bedenkt man, wie abhängig Führungskräfte bei ihren Entscheidungen von diesen Informationen über die Umwelt sind, kann man dem Thema gar nicht genug Priorität einräumen. Viele Unternehmen sind zu sehr mit dem eigenen Unternehmen und der Gegenwart beschäftigt und verwenden viel zu wenig Zeit auf die Umwelt und die Zukunft.

»Bring dir selbst bei, dass es in deiner Nase kitzelt, wenn du die Tageszeitung liest«, soll ein Vorgesetzter dem jungen Peter F. Drucker gesagt haben. »Wenn es etwas gibt, das du nicht verstehst, schlag es nach. Lies nicht einfach weiterversuche, es zu verstehen!«

Insights für unternehmerischen Erfolg

  • Welche bisher nicht genutzten Quellen könnten dir in deiner Branche nützlich sein, um die Umwelt besser zu verstehen?
  • Welche Bereiche und Schlüsselfaktoren solltest du besonders genau im Auge behalten, um Risiken zu minimieren oder Chancen zu nutzen?
  • Was musst du in deinem Unternehmen umsetzen, damit Informationen zur Umwelt (Kunden, Nicht-Kunden, Märkte, Wettbewerber, Technologie, gesellschaftliche Entwicklungen und Ähnliches) verfügbar und besser zu nutzen sind?
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Dr. Frank Arnold 

Bestsellerautor, Redner und Berater für Strategie und Veränderungsprozesse. 

Mit „Leadership Journey – Impulse für unternehmerischen Erfolg“ unterstützt er Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte sich selbst und ihre Unternehmen erfolgreich zu entwickeln.