Wie stimmt man Mitarbeiter um, die kündigen wollen?

Veröffentlicht von Frank Arnold am

Reisende soll man ziehen lassen – oder doch nicht? Gute Mitarbeiter möchte niemand gerne gehen lassen. Selbstverständlich nicht. Die Kündigung eines guten Mitarbeiters bedeutet Verlust von Wissen, Verlust von Netzwerk und Kontakten, oft ist es ein Imageschaden für das Unternehmen, und regelmässig hat es Signalwirkung in das Unternehmen hinein. Darüberhinaus kostet es viel Zeit und Geld, gute Leute zu ersetzen. Wie kann man aber verhindern, dass gute Leute gehen?

Das Wichtigste vorweg: Wenn man an dem Punkt ist, dass man einen Mitarbeiter «umstimmen» muss, dass er kündigt, ist im Vorfeld vieles nicht optimal gelaufen. Wir als Unternehmer und Entscheider versuchen deshalb mit den Leuten im Gespräch zu sein, um Frühwarnsignale möglich rechtzeitig zu erkennen, damit es nicht erst soweit kommt, dass wir jemanden umstimmen müssen.

Dennoch, gehen wir davon aus, dass wir in der Situation sind, dass wir jemanden umstimmen wollen oder vielleicht auch müssen. Wenn ein Mitarbeiter plant zu kündigen und der Chef sie oder ihn überzeugen möchte zu bleiben, ist das keine leichte Aufgabe. Hier ein paar Tipps, wie ein «Gespräch zum Verbleiben» aussehen kann.

Das «Gespräch zum Verbleiben»im Unternehmen

1. Klären, ob die Vermutung richtig ist

Wenn Warnsignale darauf hindeuten, dass der Mitarbeiter gehen will, ist das erste Ziel zu klären, ob die Vermutung richtig war. Ist das der Fall, gilt es auszuloten, wie weit der Mitarbeiter sich innerlich bereits vom Unternehmen verabschiedet hat und ob es eine realistische Chance gibt, dass er oder sie blieben möchte. Ein Gespräch braucht es in jedem Fall.

2. Selbstanalyse und Vorbereitung

Was habe ich als Unternehmer oder Entscheider dazu beigetragen, dass die Situation so ist, wie sie ist? Haben ich Versprechen gegeben, die ich nicht eingehalten habe oder einhalten konnte? Haben ich der Person und ihrer Entwicklung genügend Zeit gewidmet? Welche Perspektiven kann ich ehrlich bieten?

Erst im zweiten Schritt schaut man auf die Gründe, die beim Mitarbeiter liegen. Welche Gründe können zum Wunsch der Kündigung geführt haben? Welche Präferenzen hat der Mitarbeiter? Nicht selten kommen Unternehmer und Entscheider zu der Erkenntnis, dass sie die Perspektiven, die sich der Mitarbeiter wünscht, schlicht nicht bieten können. Dann muss man anerkennen, dass gute Leute eben auch gehen, und man kann gemeinsam überlegen, wie das im Guten gelingen kann. 

3. Einladen zum Gespräch und auf den Punkt kommen

Verabrede dich mit deinem Mitarbeiter zu einem persönlichen Gespräch. Vertraulichkeit, Diskretion und Ruhe sind einfache Voraussetzungen. Komm dann aber direkt zum Thema: «Ich hätte gerne, dass Sie in unserem Unternehmen bleiben.» «Ich habe den Eindruck, dass Sie auf dem Abspung sind.», «Ich habe den Eindruck, dass Sie sich zurückziehen, und ich würde gerne verstehen, was Sie bewegt.». Dann höre einfach zu…

4. Offenheit: «Was können wir tun, damit Sie bleiben?»

Verstehe die Ursachen für den Kündigungswunsch des Mitarbeiters. Lasse dir Gefühle, Erwartungen, Interessen, Vorhaben und Pläne des Mitarbeiters erklären. Der häufigste Fehler ist, dass Chefs hier selbst zu viel reden. Es geht nicht um dich als Chef, nicht um das Unternehmen, es geht um den Mitarbeiter. Es ist nicht gesagt, dass der Mitarbeiter bleiben wird, aber es ist ganz sicher, dass er nicht bleiben wird, wenn er oder sie nicht das Gefühl bekommt, dass ein ehrliches Interesse an ihm oder ihr besteht. Aus Verständnis wächst Vertrauen. Die «Wunschliste» des Mitarbeiters zeigt auf, ob es überhaupt eine Chance gibt, dass eine gemeinsame Zukunft stattfinden kann. Denn es ist auch Realität, dass viele Wunschlisten so unerfüllbar sind, dass der Mitarbeiter es schwer haben wird, überhaupt ein Unternehmen zu finden, das diesen Kriterien auf Dauer gerecht werden kann. Ist das gemeinsame Verständnis für eine gemeinsame Zukunft aber klar, ist das eine Grundlage für nächste Schritte.

5. Erwarte Kritik, erwarte Überraschungen

Die Unzufriedenheit mit dem Chef ist einer der häufigsten Gründe für Kündigungen. Wenn du der Chef bist, kann es sein, dass du viele Dinge zu hören bekommst, die dir nicht gefallen. Mitarbeiter sind an diesem Punkt ihrer Unternehmenszugehörigkeit oft sehr offen. Wer sich vorher darauf einstellt, dass diese Themen kommen, ist klar im Vorteil.

Sehr persönliche oder emotionale Gründe können im Gespräch aber ebenso auftreten, wie starke Kritik. Scheidung, Schicksalsschläge, private Herausforderungen können den Wunsch nach Veränderung prägen. Sei auf diese Themen gefasst, wenn der Mitarbeiter über den Austritt aus dem Unternehmen spricht. Wer das nicht vorher im Blick hat, reagiert eventuell weniger angemessen, als es nützlich ist. Auch hier kann man sich leicht vorbereiten.

6. Eine gemeinsame Entscheidung treffen

Zum Schluss des Gespräches gilt es gemeinsam den weiteren Weg zu bestimmen. Eine Trennung ist immer eine Option, dann ist zu klären, wie sie möglichst harmonisch laufen kann. Vielleicht gibt es aber einen gemeinsamen Weg. Was kann das Unternehmen bieten? Veränderung der Position, Weiterbildungen, andere Arbeitsbedingungen? Kann man sich auf Projekte oder eine Phase verständigen, die als Periode der Überprüfungen gelten können?

7. Nächste Schritte vereinbaren

Stimme einen verbindlichen Termin ab, bis wann wer welche Aufgaben erledigt hat. Wenn der Mitarbeiter bleiben möchte, ist zu definieren, was sich ändern muss: Gehalt, Position, Weiterbildung, Home-office-Regelungen, Team- oder Bereichswechsel und ähnliches. Es muss konkret sein, damit eine gemeinsame, sachliche Beurteilung erfolgen kann.

Wenn der Mitarbeiter gehen möchte, ist auch dieser Weg klar zu definieren: Kündigung, Aufhebungsvertrag, Nachfolge, Übergabe der Aufgaben, Zeitplan, Freistellung, Kommunikation im Team und andere Themen. Wenn ein Mitarbeiter im Guten das Unternehmen verlässt, ist das eine grosse Chance für beide Seite. Viele Unternehmen pflegen seit Langem Alumin-Netzwerke mit grossem Erfolg. «Man sieht sich bekanntlich immer zweimal im Leben.»

Was solltest du nicht tun?

  1. Selbst viel reden
  2. Kritik persönlich nehmen
  3. Den Mitarbeiter kritisieren
  4. Recht haben wollen
  5. Zeitdruck aufbauen
  6. Als «Gewinner» aus dem Gespräch gehen wollen

Ganz einfach: Behandle den anderen so, wie du selbst behandelt werden möchtest.

Das «Gespräch zum Verbleiben» ist eine grosse Chance für beide Seiten

In diesem offenen Gespräch hast du als Unternehmer oder Entscheider die Möglichkeit ungefilterte Rückmeldung vom Mitarbeiter zu erhalten. Wenn ein Mitarbeiter mit dem Unternehmen abgeschlossen hat, wird er oder sie die Gründe vielleicht offen teilen. Davon kannst du nur profitieren, auch wenn du natürlich nicht die Sichtweisen und Meinungen teilen musst. Ergibt sich die Möglichkeit für einen weiteren gemeinsamen Weg im Unternehmen, kann das Gespräch die Grundlage dafür liefern.

Läuft das Gespräch konstruktiv, ist das Gespräch sowohl im Falle einer einvernehmlichen Trennung im Guten, als auch im Fall des Verbleibens im Unternehmen für beide Seiten als eine Chance gut genutzt worden.

Denkanstoss für heute:

  • Mit wem solltest du ins Gespräch gehen, bevor sich Spannungen weiter aufstauen?
  • Von wem weisst du zu wenig oder für wen hast du aktuell zu wenig Zeit?
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Dr. Frank Arnold 

Bestsellerautor, Redner und Berater für Strategie und Veränderungsprozesse. 

Mit „Leadership Journey – Impulse für unternehmerischen Erfolg“ unterstützt er Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte sich selbst und ihre Unternehmen erfolgreich zu entwickeln.