Wie kann man schöpferische Zerstörung nutzen?

Veröffentlicht von Frank Arnold am

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Schöpferische Zerstörung wird zu wenig genutzt

Der Prozess der schöpferischen Zerstörung ist untrennbar mit Joseph Schumpeter (1883–1950) verbunden. Den Begriff kennen zwar viele, systematisch praktiziert wird dieser Prozess hingegen längst nicht in allen Organisationen. Schumpeters zentraler Gedanke hierfür findet sich in seinem Buch aus dem Jahr 1942 „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“:

„Dieser Prozess der schöpferischen Zerstörung ist das wesentliche Faktum des Kapitalismus. Das ist es, woraus Kapitalismus besteht, und das ist das Umfeld, in dem jede kapitalistische Angelegenheit bestehen muss.“

Dynamisches Ungleichgewicht ist die Norm

Schumpeter war der erste einflussreiche Nationalökonom, der vehement die Ansicht vertrat, dass ein dynamisches Ungleichgewicht, welches durch den innovativen Unternehmer ausgelöst werde, viel eher die »Norm« für eine gesunde Volkswirtschaft sei als Gleichgewicht und Optimierung. Durch sein 1911 erschienenes, einflussreiches Buch „Die Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ lenkte er bereits die Aufmerksamkeit auf das Thema Innovation, Jahrzehnte bevor es zum Standardthema in allen Organisationen von Wirtschaft und Gesellschaft wurde. Damit war er seiner Zeit weit voraus. 

Kreative Anpassung kontinuierlich fördern

Heute besitzt die schöpferische Zerstörung mehr Relevanz denn je. Innovation und unternehmerisches Handeln sind zu zentralen Themen für jede Organisation geworden. In einer Zeit stetigen Wandels ist nicht Grösse das relevante Kriterium, sondern Stärke und vor allem Anpassungsfähigkeit an die sich ändernden Rahmenbedingungen.

In einer Zeit, in der das dynamische Ungleichgewicht noch stärker ist als zu Schumpeters Lebzeiten, erhalten gerade jene Organisationen Stabilität und Kontinuität, die sich durch systematische Innovationen weiterentwickeln.

Offenheit für ungewöhnliche Ansätze

Alle Regelungen, Systeme, Prozesse, Produkte und Dienstleistungen haben irgendwann ihren Zweck erfüllt und müssen deshalb erneuert werden, oder sie haben ihn nicht erfüllt und müssen deshalb ebenfalls ersetzt werden.

Schöpferische Zerstörung ist natürlich keineswegs nur auf den wirtschaftlichen Bereich begrenzt. So hat beispielsweise der Komponist Arnold Schönberg (1874–1951) mit der von ihm entwickelten Zwölftontechnik die Musik des 20. Jahrhunderts maßgeblich mitgeprägt, nicht zuletzt wohl auch, weil seine Musik einen Bruch mit Bekanntem darstellte und weil er mit ihr gänzlich neue Wege ging. Obwohl seine Leistung später als Meilenstein der Musikgeschichte eingestuft wurde, erlebte auch er wie Gustave Eiffel, dass Innovationen nie nur freudig aufgenommen werden. In bestem unternehmerischen Geist glaubte er an seine Arbeit und vertrat 1935 die Auffassung: „Die Zeit wird kommen, in der die Fähigkeit, thematisches Material aus einer Grundreihe von zwölf Tönen zu gewinnen, eine unabdingbare Voraussetzung für die Zulassung zur Kompositionsklasse eines Konservatoriums sein wird.“ 

Überholte Dinge zu optimieren, ist der riskanteste Weg

Unternehmerisches Handeln gilt meist als riskant, was es zweifellos auch ist. Aber unternehmerisch zu handeln ist mit weniger Risiko verbunden, als überholte Dinge immer weiter zu optimieren. 

Es nutzt dem letzten Hersteller von Kutschen nichts, wenn er seine internen Prozesse und sein Marketing optimiert, während die Menschen Automobile verlangen. Schöpferische Zerstörung zu praktizieren, leistet einen Beitrag dazu, dass die Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie ihre größte Produktivität erbringen. Unternehmerisch handelnde Führungskräfte sind – entgegen dem Klischee des risikofreudigen Unternehmers – nicht darauf aus, Risiken einzugehen, sie tun im Gegenteil viel dafür, um Risiken zu erkennen, zu vermeiden und unter Kontrolle zu bringen. Unternehmer und Führungskräfte, die erfolgreich Innovationen führen, orientieren sich an Chancen und sind nicht darauf aus, Risiken einzugehen und Wagemut zu demonstrieren. 

Freiraum ist zentral für Unternehmenskultur

In einer Zeit immer schnellerer Veränderungen haben Führungskräfte die Wahl, entweder nur auf diese Veränderungen zu reagieren oder aber zu versuchen, diesen Wandel selbst aktiv zu gestalten. 

Schöpferische Zerstörung ist ein wesentliches Werkzeug für Innovation und unternehmerisches Handeln, da sie Dinge infrage stellt und Freiräume schafft, damit Besseres Platz hat. Darüber hinaus trägt sie zu einer Unternehmenskultur bei, in der Innovation und Unternehmertum die nötige Wertschätzung erfahren.

Denkanstoss für heute: 

  • Wo würde schöpferische Zerstörung in deiner Organisation einen Mehrwert bringen? Was würdest du verändern?
  • Bringe deine besten Leute zusammen und diskutiere, wo euch schöpferische Zerstörung nützlich sein kann.
  • Wo siehst du Chancen, die sich mit relativ geringem Risiko realisieren lassen?

Dr. Frank Arnold 

Bestsellerautor, Redner und Berater für Strategie und Veränderungsprozesse. 

Mit „Leadership Journey – Impulse für unternehmerischen Erfolg“ unterstützt er Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte sich selbst und ihre Unternehmen erfolgreich zu entwickeln.